Liebe Leserin, lieber Leser
Marco, die Hauptfigur in Adler-Olsens neuem Krimi „Erwartung“ zieht es immer wieder in Bibliotheken. Hier kann er sich duschen (!), Bücher oder Zeitungen konsultieren oder gratis Internetrecherchen durchführen. Die Bibliothek ist für ihn ein ganz zentraler Ort: ein Zufluchtsort, ein Auskunfts- und Informationsort und ein Ort, an dem er sich sicher fühlt. Ohne gross zu überlegen findet er den Weg dorthin und, wie später klar wird, man lässt ihn gerne gewähren.
Für mich ein schönes Bild von Bibliotheken und Bibliothekarinnen. Und ich frage mich: Woran liegt es, dass die Bibliotheken einen weniger zentralen Platz in unserem Leben einnehmen (nicht nur in den Krimis)? Mit Sicherheit am fehlenden politischen Verständnis für die Wichtig- und Notwendigkeit von öffentlichen Bibliotheken. Ohne grosse Umschweife kann man sagen: Ja, es gibt viele öffentlich unterstützte Bibliotheken im Kanton Bern. Doch es weht uns ein eisiger Wind entgegen, wenn es um Ausbau-, Umbau- oder Neugestaltungswünsche geht. Der Spardruck zerschlägt diesbezügliche Anliegen meist schon im Keim. Dennoch ist es unabdingbar, dass wir umfassende Überlegungen zur Bibliothek als Ort des Verweilens, der Bildung, der Auskunft und der Unterhaltung anstellen.
Die Fachbeiträge in diesem Newsletter zeigen auf, wie man die Bibliothek von gestern zu einer Bibliothek von heute und morgen wandeln kann, z.B. indem man sie als dritten Ort neben dem Zuhause (erster Ort), der Arbeit oder Schule (zweiter Ort) positioniert. Wenn Sie eine Schulbibliothek leiten, finden Sie im aktuellen Fachnewsletter ebenfalls zahlreiche Anregungen, z.B. im Beitrag von Judith Zanini oder dem Bericht über die Schulbibliothek der Gemeinde Evilard. Eine Pflichtlektüre für alle Bibliothekarinnen und Bibliothekare ist der Artikel von Marie-Ann Arnold, die anhand von praktischen Beispielen aufzeigt, wie mit weniger mehr erreicht werden kann. Ihre Ratschläge sollte man sich zu Herzen nehmen (so schwer es auch sein mag, sich z.B. von Büchern zu trennen). Wieso ein Sozialarbeiter in der Bibliothek sehr nützlich sein kann, erklärt Anne-Lise Hilty am Beispiel der Bläsi-Bibliothek in Basel. Weiterhin finden Sie einen Beitrag über das Vorgehen bei Umbau, Neubau oder Umzug und vieles mehr. Ich verspreche Ihnen spannende, umfassende und lehrreiche Lektüre, die Sie in Ihrer Arbeit motiviert und unterstützt!
Clemens M. Moser
Direktor Stadtbibliothek Biel/Bienne und Mitglied der Bibliothekskommission des Kantons Bern