Grösster Verbund öffentlicher Bibliotheken der Deutschschweiz

05.10.2023 | Von Danièle Kammacher | Aus den Bibliotheken | Katalogverbund| Zusammenarbeit | Kornhausbibliothek Bern

Die Kornhausbibliotheken in Bern sind mit 24 Bibliotheken und einem Bestand von über 400'000 Dokumenten der grösste Verbund von öffentlichen Bibliotheken in der Deutschschweiz.

Von Danièle Kammacher
Danièle Kammacher absolvierte ihre Ausbildung an der Stadt- und Universitätsbibliothek Bern (heute: UB Bern Münstergasse), arbeitete zunächst im Bereich der Bibliothekssoftware-Entwicklung sowie in wissenschaftlichen Bibliotheken. Nach Abschluss des Kaderkurses für Diplombibliothekare in Luzern übernahm sie die Leitung der Fachbibliothek für Gestaltung in Bern und wechselte schliesslich an die Kornhausbibliothek in Bern. Heute ist sie Leiterin der Hauptstelle der Kornhausbibliotheken und Mitglied der Geschäftsleitung.
Der Verbund der Kornhausbibliotheken Bern hat eine bewegte Geschichte. Bei weitem nicht der erste schweizerische Bibliotheksverbund, ist er heute das grösste Netz öffentlicher Bibliotheken in der Deutschschweiz. Sein Ursprung findet sich in der Gründung der Berner Volksbibliothek 1887. Bereits in ihren ersten Jahren unterhielt sie mehrere Filialen. Fehlende finanzielle Mittel, nicht zuletzt bedingt durch die Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre sowie der beiden Weltkriege, und auch aufgrund fehlender politischer Unterstützung, musste die Berner Volksbibliothek 1947 liquidiert werden. Die Absicht aber, der breiten Bevölkerung Zugang zu Literatur und Bildung zu verschaffen, war immer noch vorhanden und so kam es zur Gründung der Berner Volksbücherei. Es folgte eine bewegte Geschichte, geprägt von der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten, der Aufhebung der Gratisausleihe, der Einführung der Freihandaufstellung und bald einmal auch der Eröffnung weiterer Filialen. Die erste Zweigstelle konnte in Bümpliz eröffnet werden und es folgten weitere Standorte auf Stadtboden. 1965 gab es dann einen fast schon revolutionären Schritt beim Ausbau des Bibliotheknetzes: die erste Zweigstelle in einer Aussengemeinde, nämlich in Zollikofen, wurde in den Verbund aufgenommen. In den Jahren 1960 bis 1989 wurden etliche neue Quartier- und Gemeindebibliotheken eröffnet oder dem Verbund angegliedert. 1998 bezog die Hauptstelle ihr neues Quartier im Kornhaus und ein Jahr später wurde der Verein der Berner Volksbücherei als Träger durch die neu gegründete Stiftung Kornhausbibliotheken abgelöst.

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Bereits 1887 gegründet, seit 1998 im ehemaligen Kornhaus im Zentrum der Stadt Bern einquartiert, nennt sich die Trägerorganisation heute Stiftung Kornhausbibliotheken Bern. (Foto: Kornhausbibliotheken)

Heute umfasst der Verbund der Kornhausbibliotheken 23 Zweigstellen. Darunter befinden sich auch zwei Lese- und Spielpavillons, die als Saisonbetriebe geführt werden und eine Patientenbibliothek in der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern. Die 16 Bücherschränke, die sich über das ganze Stadtgebiet verteilen, sind zusätzliche Verbundsangebote. Der jüngste Zuwachs sind Bibliothek und Ludothek der Gemeinde Wohlen bei Bern.

Der Stiftungsrat der Kornhausbibliotheken ist das oberste Gremium und verantwortlich für die strategische Ausrichtung und Entwicklung des Verbundes. Diesem ist die Direktion unterstellt, zuständig für die operative Leitung des Gesamtverbundes. Die Finanzierung wird durch Leistungsverträge mit den Trägern (Stadt, Kanton, Regionalkonferenz und Gemeinden) sichergestellt. Budgetierung, Controlling und Reporting sowie daraus resultierende Anpassungen finden jährlich statt.
 

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Die Kornhausbibliotheken schliessen 24 Bibliotheken in der Region Bern zu einem Verbund zusammen. (Grafik: Kornhausbibliotheken)
 

Der Verbund ermöglicht zentrale Infrastruktur und Dienstleistungen für alle Filialen anzubieten und damit die einzelnen Zweigstellen in den Bereichen IT, Buchhaltung, Personalmanagement, PR und Medienaufarbeitung zu entlasten. Gerade die zentrale Infrastruktur verhindert, dass jede der einzelnen Gemeinden den gesamten Overhead leisten muss und ermöglicht es ihrer Bevölkerung, ein zeitgemässes Bibliotheksangebot zur Verfügung zu stellen. Profitieren können die Zweigstellen auch von gemeinsam organisierten Veranstaltungen und PR-Massnahmen. Ein weiterer Vorteil sowohl für die Mitarbeitenden als auch für die Kundschaft dürfte das einheitliche Bibliotheksverwaltungssystem Netbiblio sein. Im Weiteren sind die Möglichkeiten von Kooperationen über das Bibliotheksnetz hinaus vielfältig und nachhaltig.
 
Ein Bibliotheksverbund bietet Vorteile sowohl für die Verbundsmitglieder aber auch, und das dürfte noch gewichtiger sein, für die Kundinnen und Kunden des Bibliotheksnetzes. So profitiert die Kundschaft des Verbundes der Kornhausbibliotheken von einer für alle Filialen gültigen Bibliothekskarte und damit vom Zugang zu allen Verbundsbibliotheken. Den Nutzerinnen und Nutzern steht ein Gesamtbestand von über 400'000 Dokumenten in zwölf Sprachen und ein breites eMedien-Angebot zur Verfügung, die alle in einem gemeinsamen Katalog online abfragbar sind. Die Vielfalt und Grösse des Medienangebotes ermöglichen eine breite Abdeckung der Kundenbedürfnisse. Alle Kundinnen und Kunden haben via Browser und/oder App Zugang zu ihrem Konto und können Verlängerungen und Reservationen selbst vornehmen. Die Rückgabe ausgeliehener Dokumente ist in allen Zweigstellen ohne Zusatzkosten möglich.
 
Es ist eine alte Weisheit, dass Zusammenarbeit und Kooperation immer mehr ergeben, als wenn jeder für sich den Aufwand betreibt. Die Kornhausbibliotheken haben diese Erfahrung seit ihrer Entstehung immer wieder gemacht und stets darauf aufgebaut. So wird auch in Zukunft das Motto sein: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.

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