Eine Kundin hat sich auf der Suche nach einem Buch kurz vor Feierabend in das Speichermagazin der Bibliothek verirrt. Damit sie nicht die Nacht im kalten Keller verbringen muss, gilt es unter Zeitdruck die Signatur des gesuchten Buches zu ermitteln.
Aufbauend auf dieser Rahmengeschichte, erkunden die Spieler*innen von «
Swisscluedovery» als Bibliotheksmitarbeitende die Untiefen des Bibliothekskatalogs Swisscovery. Anhand verschiedener Rätsel und Hinweisen kommen die Spieler*innen der gesuchten Signatur auf die Spur. Die Hinweise variieren in Inhalt und Form: sie gehen von Puzzles über Quittungen, Zeitungsanzeigen, Post-its, Literaturangaben bis hin zur geheimnisvollen Postkarte. Mit Hilfe eines Kreuzworträtsels ergeben die Lösungsbuchstaben schliesslich die gesuchte Signatur.
«Swisscluedovery» existiert in der oben beschriebenen deutschen und einer früheren französischen Version, beide frei zugänglich und weiterverwendbar unter einer CC-BY Lizenz. Die deutsche Version begann 2022 als Projekt im Rahmen des «OER Creator Workshops» der ZHAW und wurde im Nachgang über längere Zeit weiterentwickelt. Das Spiel war also von Anfang an als Open Educational Resource konzipiert. Dementsprechend habe ich lizenzfreie Bilder und Schriften verwendet und das Material schliesslich auch in offenen Formaten auf der freien Plattform Zenodo mit einer CC-BY Lizenz abgelegt
Die deutsche Version von "Swisscluedovery" (Foto: UB Bern)
Die
französische Version wurde von einem Team von Bibliothekarinnen aus der West- und Deutschschweiz entwickelt, aufbauend auf den Ergebnissen des «Swisscovery Game Jam Workshops», organisiert von der schweizerischen AG IK am 7. September 2021 in Bern.
Das französische «Swisscluedovery» orientiert sich noch stärker am titelgebenden Spiel «Cluedo» als die deutsche Version. Die Spieler*innen müssen in einem Kriminalfall anhand von Rätseln Motiv, Täter*in und den Aufenthaltsort eines verschollenen Assistenten ermitteln, wobei es um nichts weniger als sein Leben geht.
Von der französischen Version wurde primär die Idee übernommen, das meiste andere wurde angepasst. Eine einfache Übersetzung war nicht möglich, die Rätsel mussten neu erstellt werden. Bei dieser Gelegenheit habe ich auch unsere Zielgruppen adaptiert: statt an Studierende richtet sich die deutsche Version von «Swisscluedovery» primär an Lernende Information und Dokumentation. Darum haben wir uns für die Rätsel an den Lernzielen zur Recherche im «Bildungsplan Fachfrau/Fachmann Information und Dokumentation (ab 2015)» orientiert (der neue Lehrplan war zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Kraft getreten). Die zweite Zielgruppe sind Oberstufenschulklassen, die für eine erste Einführung Bibliotheken besuchen.
Das Spiel wurde auf verschiedene Arten auf die Zielgruppe massgeschneidert. Zum einen konnten ich unseren Lernenden Florian von Allmen in den Entwicklungsprozess miteinbeziehen. Zum anderen habe ich mit weiteren Kolleginnen die erste Version von «Swisscluedovery» an einem überbetrieblichen Kurs mit weiteren Lernenden getestet. Weitere Testläufe fanden an Spielabenden in der Bibliothek Münstergasse statt, so dass auch das öffentliche Publikum einbezogen wurde. Die Rückmeldungen waren durchwegs positiv, da das eher trockene Thema der Katalogrecherche durch die gamebasierte Vermittlung in eine zugänglichere und unterhaltsamere Form gebracht wird.
Anhand der Rückmeldungen haben wir das Spiel weiter optimiert und in die jetzige Form gebracht. Damit «Swisscluedovery» über die Universitätsbibliothek Bern (UB) hinaus verwendet werden kann, beziehen sich alle Rätsel auf das allgemeine violette Swisscovery. Je nach Spielart wird es in Gruppen oder allein gespielt und kann in maximal einer Stunde gelöst werden. Ist das Spiel Teil eines Workshops, werden die Lösungen abschliessend im Plenum besprochen. Das Spiel kann aber auch als Selbstlerneinheit ausserhalb der Bibliothek verwendet werden - dann fallen Moderation, Spiel und Selbstkontrolle zusammen.
Die französische Version von "Swisscluedovery" (Foto: UB Bern)
«Swisscluedovery» ist nicht das einzige Spiel, das zur gamebasierten Vermittlung an der UB Bern verwendet wird. Besonders im öffentlichen Rahmen erfreut sich der Ansatz grosser Beliebtheit. An Kulturveranstaltungen, wie etwa der Berner Museumsnacht oder den erwähnten Spielabenden, kommen weitere Spiele in digitaler, hybrider oder analoger Form zum Einsatz. Besonders geeignet sind Krimispiele, da sie Rätsel und Spannungselemente in einer bewährten Story-Struktur einbauen. Dazu zählt das Detektivspiel «Minervas Verschwinden», bei dem Besucher*innen live in der Bibliothek einen Eulendiebstahl aufklären müssen, oder der online Escape-Room «
Das Phantom der Münstergasse».
Aber auch für die Studierenden arbeiten wir punktuell mit gamebasierter Vermittlung, beispielsweise mit Quizzen in online Lernmodulen oder der App Actionbound bei Bibliothekseinführungen. Gamebasierte Vermittlung hat sich bei uns also in verschiedenen Formen und Anwendungsszenarien bewährt, so eben auch bei «Swisscluedovery»
Das Ziel des Spiels ist es, die Spieler*innen auf motivierende und abwechslungsreiche Weise in die Nutzung von Swisscovery einzuführen.
Das ganze Spiel – die Rätsel, das Lösungsblatt, die Spielanleitung sowie das Begleitblatt mit Grundlagenwissen zu Swisscovery – steht in verschiedenen Dateiformaten frei zur Verfügung. Zur Durchführung des Spiels ist nur ein Farbdrucker sowie eine Schere nötig.
Das Spiel darf und soll weiterentwickelt und adaptiert werden – wir freuen uns über jede Verwendung!
Referenzen
Altermatt, S., Orgis, R., Panes, M., Zünd, O., & Watkins, A. (2024, Juni 25). Swisscluedovery. Zenodo.
https://doi.org/10.5281/zenodo.12532994
Pfister, L. (2024, Juni 26). swisscluedovery. Zenodo.
https://doi.org/10.5281/zenodo.12543385