Eine «Graswurzelbewegung» zugunsten der sprachlichen und kulturellen Vielfalt

04.12.2018 | Von Therese Salzmann | Verschiedenes | Angebote für anderssprachige Personen| Bibliothek und Migration| Interbiblio| Interkulturelle Bibliotheksarbeit| Partnerorganisationen

Immer mehr Bibliotheken in der Schweiz öffnen sich der kulturellen Vielfalt.

Von Therese Salzmann
Therese Salzmann war Primarlehrerin, bevor sie an der Universität Basel Slavistik, Osteuropäische Geschichte und Soziologie studierte. Nach dem Lizentiat und Engagements in verschiedenen Projekten und im Buchhandel war sie von 2006 bis 2015 Mitarbeiterin Leseförderung am Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien SIKJM in Zürich. Seit Dezember 2015 ist sie für das Sekretariat von Interbiblio zuständig. Seit Februar 2019 arbeitet sie zudem als Koordinatorin für die öffentlichen Bibliotheken des Kantons Freiburg.
Eine interkulturelle Bibliothek widerspiegelt die sprachliche und kulturelle Vielfalt ihres Umfelds: Sie stellt Medien in den Sprachen zur Verfügung, die in der Umgebung gesprochen werden, und ist ein Ort der Begegnung und des interkulturellen Austauschs.
 
Diese Idee wurde vor 30 Jahren in Renens tatkräftig umgesetzt: Eltern und Lehrpersonen sammelten Bücher in ihren Erstsprachen, stellten sie anderen Interessierten zur Verfügung und organisierten Treffen: Die Bibliothek Globlivres entstand. An diesem Beispiel orientierten sich in den 1990er Jahren weitere engagierte Personen in Basel, Zürich, Thun, Genf, Neuenburg und Bern, gründeten Vereine und richteten Bibliotheken ein.
 
Globlivres
  
1993 schlossen sich Globlivres und die JUKIBU in Basel zu einem Dachverein (Verein Bücher ohne Grenzen) zusammen, um so Bundessubventionen für ihre Bibliotheken zu erhalten. Dem Bundesamt für Kultur war es ein grosses Anliegen, diese neu entstandene Graswurzelbewegung (oder Basisbewegung) im Bibliotheksbereich zu unterstützen.
 
Die Anzahl Mitglieder wuchs mit den Jahren stetig an. 2003 trat mit Winterthur die erste öffentliche Bibliothek dem Dachverein bei, der weitere (St. Gallen, Zürich, Baden) folgen sollten. Beim Aufbau ihres interkulturellen Angebots konnten sie von den Bundesmitteln, von den Erfahrungen der anderen Mitglieder und vom Austausch untereinander profitieren. Immer wieder entstanden auch interkulturelle Bibliotheken aus privater Initiative, von denen die einen – z.B. LivrEchange in Freiburg – sich zu starken professionell geführten Bibliotheken entwickelten, während andere – wie die IKUBO in Olten – schliessen mussten.
 
Fatou Diome (LivrEchange Fribourg) Bachtyar Ali (PBZ Hardau Zürich)

Der Dachverein der interkulturellen Bibliotheken heisst heute Interbiblio und vertritt die Interessen der mittlerweile 20 Mitgliedsbibliotheken aus allen Sprachregionen der Schweiz. Nach wie vor erhält die Dachorganisation Unterstützung des Bundesamts für Kultur. Die Mitgliedsbibliotheken erhalten zwar keine Direktsubventionen mehr, profitieren aber von den Dienstleistungen von Interbiblio. (Siehe Beitrag Interbiblio, die Kompetenzstelle für interkulturelle Bibliotheksarbeit)
 
Die öffentlichen Bibliotheken verändern sich... in Richtung interkulturell!
Zurzeit sind acht der zwanzig Mitglieder von Interbiblio öffentliche Bibliotheken. Davon waren zwei Bibliotheken – Bibliothek der Kulturen in Frauenfeld und vossa lingua in Chur – zuerst als unabhängige Vereine organisiert, bevor sie sich in diesem Jahr der Kantons- bzw. Stadtbibliothek anschlossen. Auch die JUKIBU in Basel steht kurz vor dem Zusammenschluss mit der GGG Stadtbibliothek.

Diese Prozesse zeigen klar die Tendenz in Richtung interkultureller Öffnung der Gemeinde- und Stadtbibliotheken. Die engere Zusammenarbeit oder sogar Fusion mit einer privaten interkulturellen Bibliotheksstruktur ist das eine; zum anderen gibt es schon längst weitere öffentliche Bibliotheken, die – oft mithilfe von engagierten MigrantInnen als Schlüsselpersonen – interkulturelle Angebote etabliert haben. Dabei können sie auch auf die Sprachbestände von Bibliomedia oder einiger grosser Interbiblio-Mitgliedsbibliotheken zurückgreifen.
 
Interbiblio vertritt in erster Linie die Interessen seiner Mitgliedsbibliotheken und ist offen für neue Mitglieder, die von seinen Dienstleistungen profitieren möchten.
 
Aber auch Nicht-Mitglieder können bei Interbiblio zahlreiche Anregungen und Materialien finden. (Siehe Beitrag Interbiblio, die Kompetenzstelle für interkulturelle Bibliotheksangebote.)
 
Therese Salzmann, Sekretariat Interbiblio

 

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