Bibliotheken haben ihr Angebot in den letzten Jahren stark ausgebaut, trotzdem ist ihr Image bei vielen Nicht-NutzerInnen immer noch das einer Bücherausleihstation. Der stetige Ausbau und die Vielfalt des Angebots kosten, aber finanzielle Unterstützung erhalten Bibliotheken nur, wenn sichtbar ist, dass sie mit ihren Dienstleistungen zur Lebensqualität beitragen. Ohne Aufmerksamkeit kein Geld. Dies zeigt die von der Bill & Melinda Gates Foundation 2008 finanzierte Studie «From Awareness to Funding — A study of library support» deutlich. Die Bibliothek muss zeigen, dass sie ein wichtiger Bestandteil der «Community», der Gemeinde ist. Nur so sichert sie sich die Unterstützung der Trägerschaft. In der Schweiz sind das meist die Gemeindebehörden.
In der Folge der Studie starteten 2010 die Gates Foundation und OCLC mit grossem Erfolg die Imagekampagne «Geek the Library» (
www.geekthelibrary.org). Mittlerweile läuft diese Testimonial-Kampagne, in der sich Bürgerinnen und Bürger als leidenschaftliche Fans von Bibliotheken bekennen, in 40 von 50 US-Bundesstaaten. Das Schwergewicht der Kampagne liegt auf regionalen Aktionen, dank denen die Bibliotheken nicht nur mit ihren Nutzerinnen, sondern auch mit Nichtnutzern ins Gespräch kommen.
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Chelsea District Library, Minesota |
Möglicherweise tun sich amerikanische Bibliotheken etwas leichter, ihre Dienste offensiv anzupreisen. Hier wie dort ist aber klar: Auch wer kein Nutzer ist, kann die Rolle, die eine Bibliothek im Gemeindeleben spielt, durchaus wichtig finden und sich dafür einsetzen, dass Bibliotheken finanziell ausreichend alimentiert werden. Die Kampagne in den USA ist auch deshalb so erfolgreich, weil gezeigt wird, dass die wichtigste Rolle in der Bibliothek nicht die Medien spielen, sondern die Menschen, die dort arbeiten. «Geek the Library» veranlasst die Bibliothekarinnen und Bibliothekare, auf Leute zuzugehen, sie anzusprechen, Kontakte zu knüpfen, sich für die Aktion mit anderen Institutionen zusammenzuschliessen und sich so für ihre Bibliothek und damit für die Gemeinde einzusetzen. Und zu sagen: «I am proud to be a librarian». Seit vier Jahre läuft die Kampagne in den USA. 2015 soll sie beendet werden. Der Erfolg zeigt sich nicht nur in der Zunahme der Nutzung von Bibliotheken oder dem zusätzlichen Fluss von Spendengeldern, sondern auch darin, dass viele Amerikanerinnen und Amerikaner sich als «BiblioGeek» bekannt haben und damit – ganz amerikanisch – ausdrücken: «I love my library».
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Geek the Library Kampagne in den USA |
Der Erfolg in den USA bewog OCLC, die Kampagne für das deutschsprachige Europa zu lancieren. Am Bibliotheksleitertag 2012 in Frankfurt präsentierte OCLC die Idee und stiess auf begeisterte Reaktionen. Weil der Ausdruck «Geek» im Deutschen (noch) nicht geläufig ist, wurde der Schlüsselbegriff «BiblioFreak» gewählt. Er sollte auffallen, irritieren, neugierig machen und gleichzeitig verständlich sein. 2013 wurde die Kampagne in fünf Bibliotheken in Deutschland, Österreich und der Schweiz getestet. Geplant war, dass bei einem erfolgreichen Pilot die Kampagne in diesen drei Ländern gleichzeitig gestartet werden sollte. Im gleichen Jahr schlossen sich auch die Niederlande an (
www.geekdebibliotheek.nl).
Als nach der Pilotphase Bilanz gezogen wurde, war klar: BiblioFreak funktioniert auch in Europa!
BiblioFreak in der Schweiz
Die Kantonsbibliothek Baselland war für die Schweiz am Pilot beteiligt. Auf Grund der positiven Auswertung der Pilotphase beschloss im Januar 2014 ein nationales Aktionskomitee, die BiblioFreak-Kampagne in der ganzen Schweiz umzusetzen. Für einmal haben wir also in Europa die Vorreiterrolle – und das erst noch in drei Sprachen.
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Das BiblioFreak-Aktionskomitee an seiner ersten Sitzung in Liestal, Januar 2014 |
Träger der Kampagne ist die SKKB, die Konferenz der schweizerischen Kantonsbibliotheken. Im Herbst 2014 hat sich das Aktionskomitee als Verein organisiert und eine Geschäftsstelle eingerichtet.
Die Kampagne und die Aktionsmaterialien für die USA wurden von der renommierten Werbeagentur Leo Burnett konzipiert; sie werden den Schweizer Gegebenheiten angepasst und in Deutsch, Französisch und Italienisch adaptiert. Eine eigene Schweizer Website wurde eingerichtet (
www.bibliofreak.ch) sowie ein Facebook-Account (www.facebook.com/bibliofreakCH). Der Verein BiblioFreak initiiert und begleitet die Kampagne in der Schweiz, die Geschäftsstelle übernimmt den operativen Teil. Den wichtigsten Part spielen jedoch die Bibliotheken und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit eigenen Ideen und Aktionen setzen sie die Kampagne regional um. Wann und wie lang sie mit BiblioFreak aktiv sein wollen, ist ihnen überlassen. Die nationale Kampagne erstreckt sich über zwei Jahre; eine Verlängerung ist denkbar. Start ist am 23. April 2015, dem internationalen Tag des Buches.
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Website bibliofreak.ch |
Ziele der Kampagne
Die Kampagne will die Aufmerksamkeit auf die Bibliotheken lenken. Kern der Kampagne sind Testimonials: Menschen bekennen sich öffentlich zu ihrer Bibliothek und erklären, warum sie BiblioFreaks sind. Die Kampagne setzt dabei stark auf interaktive digitale und soziale Medien und erleichtert damit den einfachen und raschen Zugang. Interaktiv soll BiblioFreak aber auch ausserhalb der digitalen Welt sein – weil sich das wahre Leben immer noch offline abspielt.
Folgende Ziele werden dabei verfolgt:
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BiblioFreak will 300 Bibliotheken in der Schweiz zur aktiven Mitarbeit gewinnen.
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BiblioFreak will die Bibliotheken stärken, deren öffentliche Wahrnehmung verbessern und ihre Bekanntheit steigern.
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BiblioFreak will dazu beitragen, den Kreis der Nutzerinnen und Nutzer der Bibliotheken zu erweitern.
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BiblioFreak macht die vielfältigen Leistungen der Bibliotheken sichtbar, bringt Bibliotheken ins Gespräch und hilft so, das nachhaltige Engagement der Träger zu sichern.
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BiblioFreak will das (lokal-)politische Engagement für Bibliotheken stärken.
Massnahmen und Mittel
Das grafische Konzept der Agentur Leo Burnett kann mit entsprechenden Anpassungen für die BiblioFreak-Kampagne in der Schweiz übernommen werden. Das markante Erscheinungsbild soll für die verschiedensten Anwendungen genutzt werden. Vorgesehen sind z.B. Flyer, Buchzeichen, Plakate, Webbanner; vielleicht aber auch Badekappen oder Velosattelschütze, Briefmarken oder T-Shirts. Noch ist nicht festgelegt, welches Werbematerial eingesetzt wird. Zum einen hängt das ab von den Mitteln, die für die Kampagne zur Verfügung stehen, andererseits – und das ist mindestens so wichtig – auch von den Ideen, die in den BiblioFreak-Workshops diskutiert und gesammelt werden. Die Bibliotheken entscheiden, was für sie sinnvoll und brauchbar ist. Für die Distribution des Werbematerials stehen der Geschäftsstelle mit den Kantonsbibliotheken, den Bibliotheksbeauftragten und dem SBD zuverlässige Partner zur Seite.
Bereits zur Verfügung stehende Kampagnenelemente:
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BiblioFreak-Website mit Testimonial-Aktion (die Website wird laufend erweitert. Sie ist zurzeit auf Deutsch und Französisch erstellt, wird aber noch vor dem Kampagnen-Start auf Italienisch übersetzt.)
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Facebook-Auftritt: www.facebook.com/bibliofreakCH (den kann man bereits liken!)
Im Entstehen begriffen:
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Ideenbörse (Anfang 2015 im Rahmen der Workshops)
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Aktionsmaterialien bereit ab April 2015
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Bereitstellung Gestaltungs- und Druckvorlagen für Print und Web. Als Downloads auf der Website ab April 2015
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Nationale Medienkampagne ab Frühjahr 2015
Workshops
Mit BiblioFreak ist die Grundidee einer nationalen Imagekampagne für Bibliotheken vorgegeben. Welche Aktionen stattfinden, wann und wie lange die BiblioFreak-Kampagne lokal aktiv ist, wer konkret angesprochen wird, welche Mittel eingesetzt werden – das sind Fragen, die in regionalen Workshops diskutiert werden. Organisiert werden die Workshops, die sich an interessierte Bibliothekarinnen und Bibliothekare wenden, von den Bibliotheksbeauftragten oder den Kantonsbibliotheken. Sie werden dabei von der Geschäftsstelle BiblioFreak unterstützt.
Die Workshops sind als Ideen- und Austauschbörsen konzipiert. Ein mögliches Ziel wäre, dass sich Bibliotheken für eine Aktion zusammentun. Es wird darüber diskutiert, wie Website und Facebook am sinnvollsten eingesetzt werden. Und die ersten Freaks werden noch im Workshop ihre Statements mit Bild auf die Website laden. Die Geschäftsstelle freut sich auf Feedback und Anregungen, wie sie die Bibliotheken bei ihren Aktionen unterstützen kann.
Wer befürchtet, dass neben den bereits geplanten Veranstaltungen, neben all den Lesungen und saisonalen Anlässen, die Bibliotheken durchführen, kein Platz mehr ist für BiblioFreak-Aktionen, sei beruhigt: Geplante Anlässe lassen sich bestens und ohne grossen Aufwand mit der Imagekampagne BiblioFreak verbinden.
Die Ideen aus den Workshops werden auf der BiblioFreak-Website im Diskussionsforum veröffentlicht, damit sich interessierte Institutionen inspirieren lassen können und Möglichkeiten finden, sich an der Kampagne zu beteiligen.
Zurzeit sind Workshops in folgenden Kantonen ausgeschrieben: Zürich, Baselland, Solothurn, Graubünden, Luzern, St. Gallen, Aargau und Waadt. Auf Anfrage können weitere Workshops organisiert werden.
BiblioFreak Workshop im Kanton Bern - Vorankündigung
Am Montag, 24. August 2015, 14.00-17.30 Uhr findet in Bern ein Weiterbildungsangebot zu BiblioFreak statt. Im Workshop mit Herbert Staub zur nationalen Imagekampagne der Schweizer Bibliotheken wird erarbeitet und aufgezeigt, wie sich die Bibliotheken konkret an der nationalen Kampagne beteiligen können.
Die Anmeldung ist ab 3. Juni 2015 über die Website der PHBern möglich. |
Finanzierung
Getragen wird BiblioFreak von der Schweizerischen Konferenz der Kantonsbibliotheken SKKB. Die Kampagne wird durch die Kantone finanziert (18 Kantone haben bereits finanzielle Mittel gesprochen) und das Bundesamt für Kultur. Bibliomedia und die SBD Genossenschaft haben bereits substantielle finanzielle Engagements geleistet, ausserdem liegen Zusagen vor von OCLC und der Gates Foundation. Der Aufwand für Projektierung und Durchführung der Kampagne beläuft sich auf rund Fr. 300 000.
Der Wille des Aktionskomitees ist es, dass die Budgets der Bibliotheken durch die Kampagne nicht zusätzlich belastet werden sollen. Auch Bibliotheken, die sich keine Kommunikationsabteilung und keinen Pressesprecher leisten können, erhalten mit der Kampagne Möglichkeiten, auf sich aufmerksam zu machen. Jede Bibliothek ist willkommen! Nur die Teilnahme möglichst vieler Institutionen – wo auch immer und wie gross auch immer sie seien – macht die lokalen und regionalen Einzelaktionen zu einer national beachteten Kampagne. Nötig sind einzig: Zeit und Engagement.
Und jetzt?
Sind Sie dabei, liebe Leserin, lieber Leser? Möchten Sie mehr erfahren? Dann registrieren Sie jetzt Ihre Bibliothek auf
www.bibliofreak.ch/library und Sie erhalten regelmässig Infos zur Kampagne. Mehr als 80 Institutionen haben das bereits getan. Es besteht kein Risiko, und Sie verpflichten sich zu nichts. Sie geben damit aber BiblioFreaks Ihrer Region die Möglichkeit, sich im Web zu Ihrer Bibliothek bekennen.
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Post auf der Website bibliofreak.ch |
Sie sind bereits BiblioFreak? Dann machen Sie es wie Michel Gorin (s. Bild oben) und schreiben Sie auf
www.bibliofreak.ch, wofür Sie sich begeistern und wie Ihre Bibliothek Sie dabei unterstützt. Laden Sie Ihr Bild auf die Seite – das macht Ihren Eintrag persönlicher und motiviert weitere BiblioFreaks.
Falls Sie Fragen, Anregungen und Ideen haben oder die Kampagne finanziell oder ideell unterstützen möchten: Wenden Sie sich an die Geschäftsstelle BiblioFreak (
info@bibliofreak.ch) oder an Ihre/n Bibliotheksbeauftragte/n.
Herbert Staub, Geschäftsführer von BiblioFreak Schweiz
Link zur Studie From Awareness to Funding >
Verein BiblioFreak
Vertreterinnen und Vertreter der Regionen
Bernhard Bertelmann Kantonsbibliothek Thurgau Ostschweiz
Josef Birrer BVL Luzern Zentralschweiz
Jeanne Froidevaux* SB Thun Region Bern
Gerhard Matter* KB Basel-Land Nordwestschweiz
Béatrice Perret Anadi* SB Biel Westschweiz
* Ausschuss
Vertreterinnen und Vertreter von Institutionen und Verbänden
Anita Büttiker* SBD.bibliotheksservice ag
Edith Moser SAB
Herbert Staub* BIS
Peter Wille* Bibliomedia Schweiz
* Ausschuss
Unterstützung ohne Vereinsmitgliedschaft
Hans-Dieter Amstutz Nationalbibliothek
Tobias Schelling Fachstelle Bibliotheken Zürich Region Zürich
Geschäftsstelle BiblioFreak
Herbert Staub
Ankerstrasse 65
8004 Zürich
info@bibliofreak.ch
www.bibliofreak.ch |