Nachgefragt


 
Die Bibliothek Schwarzenburg bietet als eine der ersten Bibliotheken im Kanton Bern die Online-Angebote „LibraryThing“ und „Delicious“ an. Ein Interview mit Bibliothekar Raphael Bruggisser über den Nutzen der neuen Angebote und was Bibliotheken, die Social Media einsetzen möchten, beachten müssen.
 
Fachartikel und Websites zu bestimmten Themen können auch mit Suchmaschinen wie „google“ gesucht werden. Warum sollte dafür „Delicious“ verwendet werden?
Auf „Delicious“ werden VerknR-Bruggisser.JPGüpfungen zu Internetseiten gesammelt, beschrieben und geordnet. Über Schlagworte, sogenannte „Tags“ werden die Links sortiert und aufgeführt. Im Gegensatz zu „google“, das das ganze Internet absucht, handelt es sich bei „Delicious“ nicht um eine Suche „ins Leere“, sondern um eine Suche in einem vorbereiteten Katalog, dessen Links bereits qualitativ überprüft wurden. Ausserdem ist der Austausch von Links mittels sog. „Feeds“ zwischen einzelnen Profilen möglich. Die Bibliothek Schwarzenburg teilt einen solchen „Feed“ mit dem Institut für Bildungsmedien der Pädagogischen Hochschule Bern.
 
Und was bietet „LibraryThing“ den Nutzerinnen und Nutzern?
Gerade für Lese-Gruppen ist das Portal „LibraryThing“ ein beliebtes Werkzeug. Haben Sie Lust einen eigenen kleinen Lese-Zirkel zu eröffnen? Unter der Rubrik „Gruppen“ können sich Benutzerinnen und Benutzer mit Freunden und Kollegen zusammentun und die neusten Leseerfahrungen austauschen. Neue Mitglieder werden über E-Mail direkt eingeladen.
Natürlich ist die von der Bibliothek erstellte Gruppe für Leseratten aus Schwarzenburg bereits online. Mit einem eigenen Profil können Sie dieser beitreten und sind immer auf dem Laufenden, was im Dorf gerade gelesen wird und was es in der Bibliothek zurzeit für Schätze zu finden gibt.

Wie werden mögliche Nutzerinnen und Nutzer aufmerksam auf die neuen online-Dienste der Bibliothek Schwarzenburg?
Wir versuchen auf möglichst vielen Wegen auf die neuen Angebote aufmerksam zu machen. Im Vordergrund stehen natürlich der direkte Kontakt und das Gespräch zu unseren Kunden. Daneben bedienen wir uns klassischer Marketing-Mittel. Dazu kann z.B. ein grosser Artikel im „Magazin Schwarzenburg“ sein, eine kleine thematische Ausstellung oder die Zusammenarbeit mit Lehrerinnen und Lehrern. Im Moment sind wir dabei, die Lesegruppen und -zirkel, in denen der Austausch über Bücher bereits im nicht-virtuellen Rahmen stattfindet, auf „LibraryThing“ aufmerksam machen.
 
Findet man als Mitglied der Gruppe Schwarzenburg bei „LibraryThing“ ausschliesslich Kommentare und Rezensionen anderer Mitglieder dieser Gruppe?
Nein, bei „LibraryThing“ können die Rezensionen sämtlicher Nutzer eingesehen werden. Es wird jedoch speziell auf die Beiträge von Gruppenmitgliedern hingewiesen.
 
Wie gut werden die beiden Plattformen genutzt?
Die neuen Angebote stecken noch in Kinderschuhen und müssen dementsprechend gehegt werden. Im Moment sind es noch vor allem Stammkunden, die die beiden Portale nutzen. Es braucht Zeit und Werbe-Aufwand, bis sich das Angebot etabliert hat. Wir versuchen hier vor allem, erste Hemmschwellen abzubauen.

Zu wie vielen Medien der Bibliothek Schwarzenburg findet man auf bereits Rezensionen?
Man findet bereits zahlreiche Rezensionen zu Büchern, die bei uns ausgeliehen werden können. Insbesondere zu Bestsellern findet man Rezensionen, allerdings z.T. von internationalen Nutzern. Da die Anpassung von „LibraryThing“ auf den deutschen Sprachraum immer noch im Gang ist, findet man eher wenig Nutzerbeiträge und Rezensionen zu Schweizer Publikationen.
 
Wie gross ist der Vorbereitungsaufwand für eine Bibliothek, die auf Ihrer Webseite „LibraryThing“ oder „Delicious“ anbieten möchte und wie steht es mit dem Betreuungsaufwand?
Der Aufwand für die beiden Portale ist unterschiedlich. Der Initialaufwand bei „Delicious“ ist relativ gross, denn es gilt, für die ausgewählten Themenbereiche Links zusammenzutragen, sie zu beschreiben und vor allem zu beschlagworten. Auch wenn die englischen „Tags“ freier zu handhaben sind, ist es doch äusserst hilfreich, einen gut durchdachten Schlagwort-Katalog zu führen, um das Profil übersichtlich zu halten. Ab einer respektablen Anzahl an Links ist das Profil nutzbar und sollte in der alltäglichen Arbeit aktualisiert werden können.
Bei „LibararyThing“ ist der Anfangsaufwandkleiner. Über einen gutes Hintergrund-Tool („LibararyThing“ eignet sich an sich schon als Katalog für kleine Bibliotheken) können Bestände in Massen aufgenommen werden. Es erfordert jedoch einiges an Zeit und Geduld, um den Kunden dieses Angebot näher zu bringen.
 
Wo haben Sie sich die nötigen Kenntnisse für das Betreiben von „LibraryThing“ und „Delicious“ angeeignet?
Das praktische an den Social Media Plattformen ist, dass sie so gebaut sind, dass auch Laien sie einfach bedienen können. Nach einer kurzen Zeit des Ausprobierens und Testens, kann jeder mit diesen Werkzeugen umgehen. Man darf nur keine Angst haben, etwas falsch zu machen, und muss sich Zeit nehmen.
 
Welchen konkreten Nutzen hat die Bibliothek Schwarzenburg von den neuen Angeboten? Und wie sieht das Verhältnis Aufwand-Ertrag aus?
Es ist noch schwierig, diese Rechnung zu machen, da sich das Angebot noch neu ist. Für uns als Bibliothek ist es wichtig, auch Medienkompetenz-Zentrum in unserer Gemeinde zu sein und auch Kunden, die sich noch schwer tun mit dem überwältigenden digitalen Raum, leichte Einstiege und ein Vernetzungsmöglichkeiten zu bieten.
 
Gibt es andere Social Media, die sich für Bibliotheken eignen würden?
Auch jede andere Plattform kann sich eignen und es stehen unzählige Möglichkeiten zur Verfügung. Entweder man richtet sich nach den Angeboten, welche die Bibliothek bereits leistet und sucht ihr Pendant im Internet. Oder man kann an bestehende Interessen und Gewohnheiten der Kundschaft anknüpfen – gerade an Schulen und unter Jugendlichen werden natürlich „facebook“ oder „netlog“ sehr beliebt sein. Allerdings muss man sich immer im Klaren darüber sein, welchen Aufwand man betreiben kann.

Welche Ratschläge würden sie Bibliotheken geben, die „LibraryThing“ oder „Delicious“ ebenfalls realisieren möchten? Was sind mögliche Fallen oder Knackpunkte?
Einerseits ist es zentral, die neuen Angebote nicht nur im Internet bekannt zu machen, sondern auch über die klassischen Informations- und Werbemittel. Dann sollte man immer am Ball bleiben. Die Welt der Social-Media-Plattformen ist seit ihren Anfängen ständigen Veränderungen unterworfen. Vor „facebook“ gab es bereits viele Programme und es werden auch noch viele neue Programme kommen. Am Puls der Zeit etwas Neues zu riskieren, lohnt sich, kann aber gut auch im Experiment-Stadium stecken bleiben. Es hilft nur der Sprung ins kalte Wasser.