Interbibliothekarische Vernetzung

26.08.2019 | Organisation | biblioBE.ch| Vernetzung| Zusammenarbeit

Die Zusammenarbeit und der Austausch zwischen den Bibliotheken im Kanton Bern war dieses Jahr auch das Thema einer SAB-Abschlussarbeit.

In vielen kleineren und mittelgrossen Gemeindebibliotheken sowie kombinierten Schul- und Gemeindebibliotheken arbeiten engagierte, motivierte Bibliothekare und Bibliothekarinnen im Bestreben ein innovatives, zeitgemässes und attraktives Angebot für die Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Mit vergleichsweise geringen personellen und finanziellen Mitteln, aber oft mit viel Herzblut und grossem Engagement, wird kontinuierlich daran gearbeitet, das Angebot zu optimieren und neue Zielgruppen zu erschliessen. Dabei sind viele Bibliotheken so darauf fokussiert ihren bisweilen sehr weitläufigen Auftrag zu erfüllen, dass teilweise nur wenig Zeit und Raum für eine Vernetzung mit anderen, ähnlichen Anbietern bleibt. Unseres Erachtens liegt jedoch gerade in einer besseren Vernetzung untereinander ein grosses, oft noch nicht ausgeschöpftes Potential um gemeinsame Synergien und Ressourcen besser nutzen zu können. Diese Problematik wurde seitens des Kantons bereits 2012 erkannt. Demzufolge wurden von der Erziehungsdirektion des Kantons Bern Massnahmen zur Unterstützung von Bibliotheken unter anderem mit dem Ziel einer besseren Vernetzung erstellt.
 
Die Vernetzungsbestreben des Kantons Bern

Das Thema Vernetzung wird sowohl in der Strategie der Erziehungsdirektion des Kantons Bern für das Netz der Regionalbibliotheken, dem Leistungskatalog der Regionalbibliotheken sowie den Leitsätzen der Kommission für Schul- und Gemeindebibliotheken erwähnt:
 
Strategie der Erziehungsdirektion des Kantons Bern für das Netz der Regionalbibliotheken:

Die Regionalbibliothek soll die Standortgemeinden vernetzen beim Erbringen ihrer Leistungen.
 
Die Regionalbibliothek soll ihre regelmässigen Anlässe mit anderen regionalen Veranstaltern gut vernetzen.
 
Die Regionalbibliotheken sorgen für die Koordination und Vernetzung der Schul- und Gemeindebibliotheken.
 
Regionalbibliotheken informieren die Schul- und Gemeindebibliotheken aktiv über ihre Vernetzungsangebote.
 
Leistungskatalog der Berner Regionalbibliotheken:

Die Regionalbibliothek bietet kostenlose Beratungen für Schul- und Gemeindebibliotheken an.
 
Die Regionalbibliothek organisiert mindestens jährlich Treffen für die Gemeindebibliotheken, kombinierten Schul- und Gemeindebibliotheken ihrer Region und stellt entsprechende Räumlichkeiten zur Verfügung.
 
Die Regionalbibliothek nimmt auf Anfrage am interbibliothekarischen und regionalen Leihverkehr teil.

Die Regionalbibliotheken fördern die Vernetzung der Bibliotheken ihrer Region und unterstützen gemeinsame Projekte.
 
Sie fördern auch die Harmonisierung der Softwarelösungen der Bibliotheken ihrer Region.
 
Leitsätze der Kommission für Schul- und Gemeindebibliotheken des Kantons Bern für eine Bibliothekspolitik:

Die Bibliotheken einer Ortschaft oder einer Region streben nach gegenseitiger Ergänzung, indem sie ihre Dienstleistungen und die Nutzung ihrer Ressourcen aufeinander abstimmen, zum Beispiel beim Bestandsaufbau, für die Animation, bezüglich Ausbildung etc.
  
Seit 2017 treffen sich die 12 Regionalbibliotheken des Kantons Bern auf Einladung des Amts für Kultur zweimal jährlich. Die Leistungen sowie die Finanzierung der Regionalbibliotheken sind in Leistungsverträgen festgehalten. Die darin formulierten zu erbringenden Leistungen stützen sich auf den 2014 vom Regierungsrat verabschiedeten Leistungskatalog für Regionalbibliotheken. Im Rahmen von jährlichen Reporting-Gesprächen werden   die  Leistungen überprüft, darunter auch der Punkt zur Vernetzung in der Region.
 
Welche Vernetzungen existieren bereits im Kanton Bern?
In einzelnen Regionen des Kantons haben sich Bibliotheken bereits enger, d.h. in Bibliotheksverbünden zusammengeschlossen. Zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Bibliotheken wurde ausserdem die Webplattform biblioBE geschaffen.
 
Ausschnitt aus der Bibliothekskarte des Kantons Bern (biblioBE, Rubrik Bibliotheken)
 
 

Bestehende Verbundmodelle im Kanton Bern

Kornhausbibliotheken (Enger Verbund)
Der Verbund der Kornhausbibliotheken besteht aus einer Regionalbibliothek (Kornhausbibliothek) und 24 Quartiers-, Gemeinde- und Patientenbibliotheken. Trägerin ist eine Stiftung, welche von den Gemeinden und vom Kanton finanziell getragen wird. Bei dieser Verbundlösung handelt jede einzelne Gemeinde einen eigenen Vertrag aus. Die Einwohner haben ein vergünstigtes Jahresabonnement mit Zugriff auf das gesamte Angebot der Kornhausbibliotheken mit 434‘000 Büchern und Medien. Die ausgeliehenen Medien können an allen Standorten zurückgegeben werden und werden dann an ihre Ursprungsbibliothek zurückgeschickt. Die Gemeinden selber haben nach wie vor ein eigenes Budget für ihren Bestand und sind auch Eigentümerin dieses Bestandes, sie profitieren jedoch von den allgemeinen Diensten des Verbundes. Dazu gehören
  • Betriebswirtschaftliche Leistungen (HR, Administration)
  • IT-Abteilung (E-Medien)
  • Öffentlichkeitsarbeit (Werbung)
  • Zentrale Dienste Medien (Medienaufbereitung)
  • Direktion/Sekretariat
 
Bibliotheksverbund Region Thun-Oberland / BEOBiblioPass (Loser Verbund)
Dem Verbund sind 9 Bibliotheken angeschlossen. Die jeweiligen Gemeinden gelten als Stammbibliotheken, bei welchen die Kundschaft im Besitz eines Abonnements sein muss. Dieses bietet die Möglichkeit, zusätzlich zum Angebot der Stammbibliothek auch bei allen angeschlossenen Bibliotheken Medien auszuleihen. Mit dem BeoBiblioPass hat man mit einem einzigen Ausweis Zugang zu 143‘000 Medien. In jeder Bibliothek gelten die hauseigenen Benutzungsbestimmungen. Diese können von Bibliothek zu Bibliothek variieren. Ausserdem können die Medien jeweils nur in der Bibliothek zurückgegeben werden, in der sie ausgeliehen wurden.

Könizer Bibliotheken
Die Könizer Bibliotheken sind kein eigentlicher Verbund, sondern bestehen aus einer Hauptsitzbibliothek und den drei Filialen Niederscherli, Niederwangen und Wabern, in denen insgesamt 70‘000 Medien angeboten werden. Mit einer Bibliothekskarte kann man in allen vier Bibliotheken Medien ausleihen. Ein Kurier fährt zweimal die Woche in alle Bibliotheken und transferiert Bestellungen und Reservationen der Kundschaft von einem Standort zum anderen.
 
biblioBE.ch
 
Ein wichtiger Schritt in Richtung Vernetzung stellt auch die Realisierung der Webplattform biblioBE.ch dar, die am 23. April (Welttag des Buches) 2012 aufgeschaltet wurde. Die Website die von der Kantonalen Bibliothekskommission betrieben wird, dient als Informationsplattform für Schul- und Gemeindebibliotheken. Sie informiert die Bibliotheken über Neuigkeiten im Bibliotheksgeschehen, stellt Arbeitsmittel wie Merkblätter oder Checklisten zur Verfügung, führt Informationen zu Aus- und Weiterbildungen, zur kantonalen Bibliotheksförderung und veröffentlicht Fachbeiträge. Ausserdem können sich die Bibliotheken darauf selbst präsentieren und ihre Veranstaltungen in einer Agenda publizieren. Und auf Wunsch kann ein Newsletter abonniert werden, der vier bis sechsmal im Jahr erscheint.

Eine von den Autorinnen der SAB-Abschlussarbeit durchgeführte Befragung zeigt, dass biblioBE von fast allen befragten Bibliotheken genutzt wird. Gemäss Umfrage werden sämtliche Angebote der Webplattform genutzt, auf besonderes Interesse stossen aber die Bibliotheksseiten, auf welchen jede im Kanton gelegene Bibliothek sich vorstellen. Leider werden diese jedoch kaum aktualisiert.

Die Vernetzungssituation im Seeland

Über die Region Seeland kann zusammenfassend gesagt werden, dass seitens der Schul- und Gemeindebibliotheken ein breites Interesse an Vernetzung vorhanden ist. Da gleichzeitig die Regionalbibliothek Biel eine grosse Bereitschaft und Offenheit für diese Thematik zeigt, liegt unseres Erachtens eine vielversprechende Ausgangslage vor, um eine bessere Vernetzung anzugehen und Synergien und Ressourcen in der Bibliotheksregion Seeland besser nutzen zu können.
 
Der vorliegende Beitrag basiert auf der SAB-Abschlussarbeit "Interbibliothekarische Vernetzung" von Rachel Olgun, Monique Petignat Dubler und Priska Anderegg, Absolventinnen des SAB-Grundkurses 2018-2019.
   
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