Geringe Anpassungen, grosse Wirkung!

26.03.2021 | Finanzen | Aus der Praxis - für die Praxis| Gebührenordnung

Dank einer neuen Gebührenordnung konnte die Stadt- und Regionalbibliothek Uster ihre Einnahmen um 13 Prozent steigern.

Dieser Beitrag der Stadt- und Regionalbibliothek Uster ist erschienen im Newsletter der Fachstelle Bibliotheken des Kantons Zürich unter dem Titel «Gross?- Normal ist besser!» und wurde freundlicherweise zur Veröffentlichung auf biblioBE.ch freigegeben.
Die Einnahmen der Stadt- und Regionalbibliothek Uster betrugen im Jahr 2015 232'000 Franken. Bis ins Jahr 2018 sanken sie auf nur noch 203'000 Franken. Neben Sparmassnahmen wurde auf das Jahr 2019 eine neue Gebührenordnung eingeführt mit dem Ziel, mindestens 20'000 Franken Mehreinnahmen zu generieren und dabei keinen Verlust von Kundinnen und Kunden zu verursachen.
 
Massenexodus zum «Abo klein»
Doch warum ist es überhaupt zu einem derartigen Einnahmenrückgang gekommen? Im Jahr 2015 führte die Stadt- und Regionalbibliothek Uster eine neue Gebührenordnung ein. Neu konnte man zwischen einem «Abo gross» (65 CHF, 20 Medien, inkl. Onleihe) und einem «Abo klein» (40 CHF, 5 Medien, ohne Onleihe) wählen. Das Ziel damals: mehr Gebühreneinnahmen. Doch genau das Gegenteil passierte. Obwohl die Kundenzahl gleich blieb, gingen die Einnahmen massiv zurück. Die Analyse zeigte, dass das neu eingeführte «Abo klein» viel zu attraktiv war. Die Kunden stiegen massenweise auf das kleine Abo um: «Mir reichen fünf Medien und digital brauche ich sowieso nicht.»
 
Das Wunder von Uster
Per März 2019 wurde dann die Gebührenordnung erneut angepasst. Mit folgenden drei Hauptmassnahmen: Umbenennung des «Abo gross» in «Abo normal» und des «Abo klein» in «Abo mini»; Beibehaltung von Preis und Bedingungen des grossen Abos; Preiserhöhung und Änderung der Bedingungen des kleinen Abos; Einführung eines Auswärtigentarifs. Das Resultat liess die Bibliothek jubeln: Die Gebühreneinnahmen stiegen in der Jahresrechnung 2019 auf 230'000 Franken.
 
 
Normal ist attraktiv
Ein Wunder? Nein: Entscheidend war die saubere Analyse des Einnahmenrückgangs. Das Problem war, dass viele langjährige Kundinnen und Kunden zum «Abo klein» wechselten. Also setzte man dort den Hebel an. Der Preis und die Bedingungen des grossen Abos blieben gleich. Hingegen wurde der Preis des kleinen Abos von 40 auf 50 Franken erhöht und die Medienzahl von fünf auf drei reduziert. Entscheidend war aber eine andere, eine psychologische, Massnahme: Das «Abo gross» hiess neu «Abo normal», das «Abo klein» hiess neu «Abo mini». Denn Schweizerinnen und Schweizer bevorzugen nicht das Grosse. Sie wollen aber auch nicht ganz klein sein, also nicht mini. Herr und Frau Schweizer wollen normal sein, dem Mainstream folgen.

Ein Gespräch an der Theke verlief anschliessend so: «Wir empfehlen Ihnen das ‹Abo normal›, das die meisten Leute haben. Wir haben aber auch noch das ‹Abo mini›.» Dann antwortet die Kundin jeweils schnell: «Ah okay, dann nehme ich das normale Abo.» Bei bestehenden Kundinnen und Kunden führte die Änderung der Bedingungen beim «Abo mini» dazu, dass sehr viele zum normalen Abo wechselten. Denn nun war das mini Abo nicht mehr so attraktiv, aber plötzlich das normale umso mehr.
 
Auswärtigentarif akzeptiert
Ebenfalls zu höheren Einnahmen beigetragen hat (wenn auch nicht allzu gross) die Einführung des Auswärtigentarifs. Die Bibliothek verlangte neu einen Zuschlag von 10 Franken für Nicht-Ustermer. Die Erklärung dafür leuchtete ein: Die Ustermerinnen und Ustermer bezahlen schon mit ihren Steuern für die Bibliothek, was die Auswärtigen nicht tun.
 
Die weiteren Änderungen der Gebührenordnung brachten keine Mehreinnahmen, aber waren sinnvolle Verbesserungen: Einführung eines Integrationsabos; Einführung eines «Abos leer» für die unbediente Bibliothek; Reduktion des Preises für die Benutzung der PC-Stationen; Streichung der 3. Mahnstufe; Umbenennung der Gebührenordnung in «Regeln und Preise der Stadtbibliothek».

Die verschiedenen Abotypen der Stadt- und Regionalbibliothek Uster:
 
Eine Tabelle mit den Preisen der Abotypen der Stadt- und Regionalbibliothek Uster.
 
Nur fünf hässige Reaktionen
Und wie hat die Kundschaft reagiert? 
Von den 5500 aktiven Kundinnen und Kunden gingen nur gerade fünf (!) hässige Mails ein.
Zudem verzeichnete man keinen Rückgang der Kundenzahl. Warum war das so? 
  1. Der Preis des «Abo gross»/«Abo normal» blieb gleich.
  2. Das «Abo normal» klingt sympathischer als das «Abo gross».
  3. Der Auswärtigentarif erschien der auswärtigen Kundschaft nachvollziehbar.
  4. Die Kundschaft wurde sehr gut informiert.
  5. Für das Personal gab es eine einheitliche, schriftliche Sprachregelung.
  6. Der Start der neuen Gebührenordnung erfolgte gleichzeitig mit den positiven Neuerungen wie Ausdehnung der Öffnungszeiten und Einführung der unbedienten Bibliothek.
Gebührenordnung Stadt- und Regionalbibliothek Uster >
 
Zur Website der Stadt- und Regionalbibliothek Uster >

Aktuelle Bewertung: 5 (1 Bewertungen)