Der «Bibliobus» wurde 1977 eingeweiht, seine Anfänge reichen jedoch in die 1960er Jahre zurück. Damals stellten die Leiter der Université Populaire Jurassienne (UPJ), der wichtigsten Weiterbildungsinstitution für Erwachsene in der Region, fest, dass die Kursteilnehmenden den Wunsch haben, die Lerninhalte mithilfe von Fachliteratur zu vertiefen und zu ergänzen. In Anlehnung an das in den angelsächsischen Ländern und in der Westschweiz (Genf und Neuenburg) erfolgreich umgesetzte Konzept einer mobilen Bibliothek begann die UPJ Überlegungen zur Einrichtung eines «Bibliobus» zu machen. Nach 15 Jahren konnte das Projekt schliesslich konkret umgesetzt werden.
Die drei Fahrzeuge des «Bibliobus» bedienen 105 Orte im Jura (BE/JU). (Foto: Bibliobus)
Im Laufe der Jahre sind die beiden Institutionen «Bibliobus» und «Volkshochschule» nebeneinander gewachsen: Der «Bibliobus» bediente zu Beginn 39 Ortschaften mit einem Bus und fährt heute 105 Ortschaften mit drei Bussen an. Die UPJ ihrerseits hat ihr Kursangebot stetig ausgebaut und bietet heute eine breite Palette von Sprachkursen bis hin zu sportlichen, kulinarischen und kreativen Aktivitäten an, die durch Vorträge sowie Exkursionen und Reisen ergänzt werden. Die Verbindung zwischen den Aktivitäten der beiden Institutionen, nämlich der Weiterbildung und dem bibliothekarischen Angebot des «Bibliobus», vertiefte sich jedoch nicht so, wie ursprünglich gewünscht. Obwohl der «Bibliobus» gemäss den Statuten die zentrale Institution innerhalb der UPJ ist, wuchs und entwickelte er sich über vier Jahrzehnte hinweg als eigenständige Institution. Ebenso werden die UPJ und der «Bibliobus» in der Öffentlichkeit oft als getrennte Institutionen wahrgenommen. Auch das Publikum ist nicht immer dasselbe.
Die Covid-19-Pandemie wirkte sich auf das Bildungsangebot der UPJ ebenso aus wie auf das Angebot des «Bibliobus». Während die vier lokalen Sektionen der UPJ diese turbulente Zeit im Grossen und Ganzen erfolgreich überstanden haben, gilt dies nicht für das Generalsekretariat und den Dachverband der UPJ, dem der «Bibliobus» angegliedert ist. Im Jahr 2022 hat die UPJ deshalb beschlossen, eine gründliche Reflexion über ihre Organisation durchzuführen und ihre Strukturen zu überdenken, um ihre Effizienz steigern zu können. Im Zuge dieser Überlegungen wurde festgestellt, dass die beiden Tätigkeitsfelder Bildung und Bibliothek davon profitieren würden, wenn sie getrennt verwaltet würden. Zudem verschlechterte sich die finanzielle Situation des Zentralorgans der UPJ. Obwohl der «Bibliobus» über eine von der UPJ völlig getrennte Finanzverwaltung hat, war nicht sicher, ob er im Falle von finanziellen Schwierigkeiten innerhalb des Zentralorgans nicht auch betroffen wäre.
Der «Bibliobus» vor dem Maison de la Tête de moine (Käserei-Museum) in Bellelay BE (Foto: Bibliobus)
Deshalb beauftragte der Vorstand der UPJ Ende 2022 die Direktion des «Bibliobus» mit dem Projekt der Verselbstständigung des Bibliobus. Konkret ging es darum, zu definieren, in welcher Form und auf welche Weise neue, autonome Strukturen aufgebaut werden könnten. Nach Prüfung der bestehenden Möglichkeiten entschied man sich für die Form eines Vereins, dessen Mitglieder die Leserinnen und Leser des Bibliobus sein werden. Bereits andere Bibliotheken, wie zum Beispiel die Bibliothèque régionale de La Neuveville oder die Pestalozzibibliothek in Zürich funktionieren nach diesem Modell.
An ihrer Versammlung vom 6. Mai 2023 haben die Delegierten der UPJ dem Projekt zur Trennung des «Bibliobus» zugestimmt und den Zeitplan angenommen, der eine Arbeitsaufnahme des neuen Vereins ab 1. Januar 2024 vorsieht. Die Leitung des «Bibliobus» verfasste einen Statutenentwurf, der sich auf die Analyse und den Vergleich verschiedener Beispiele stützt. Der nächste Schritt wird sein, den Vorstand bestehend aus 3 bis 7 Personen zu bilden, sodass er im Herbst 2023 zur Gründungsversammlung tagen kann. Anschliessend wird die UPJ in einer ausserordentlichen Versammlung formell über die Abtretung des «Bibliobus» an den neuen Verein abstimmen. In den letzten Monaten des Jahres wird eine beträchtliche Verwaltungsarbeit geleistet werden müssen, um die administrativen Aspekte des Wechsels des Eigentümers zu regeln: Aktualisierung der Verträge (Arbeitsverträge, Verträge mit den Gemeinden), Anpassung der internen Reglemente, Änderung des Namens und der visuellen Identität, etc.
Der «Bibliobus» unterwegs über dem Bielersee in Prêles BE (Foto: Bibliobus)
Während des gesamten Prozesses werden die institutionellen Partner des «Bibliobus» (Kanton Jura, Kanton Bern und 68 Gemeinden) regelmässig über den Fortschritt des Projekts informiert. Um sicherzustellen, dass die Transformation des Bibliobus korrekt durchgeführt wird, wird das Projekt von einem externen Rechtsberater begleitet.
Der «Bibliobus» im äussersten Zipfel des Berner Juras in La Ferrière BE (Foto: Bibliobus)
Dieses Projekt ist aussergewöhnlich, da es aufgrund von Parametern, die ausserhalb des «Bibliobus» und seiner Tätigkeit liegen, angestossen wurde. Man muss den gesunden Menschenverstand und den Pragmatismus des Vorstands der UPJ loben, der die Bedeutung der Herausforderungen für den «Bibliobus» umfassend erkannt hat und die besten Bedingungen schaffen will, um den Fortbestand seines fahrenden Schaufensters zu gewährleisten. Die Leitung des «Bibliobus» geht mit Zuversicht und Motivation an dieses Projekt heran. Ein weiteres Kapitel in der Geschichte des «Bibliobus» wird sich somit bald schliessen, aber die Geschichte ist noch nicht zu Ende... Fortsetzung folgt!
Julie Greub, Direktorin Bibliobus
(Übersetzung aus dem Französischen)
Liste der Halteorte des «Bibliobus» im Berner Jura >
Webseite des «Bibliobus» (französisch) >