Der Walliser Bibliotheksverbund: Ein Beispiel für andere Kantone?

05.10.2023 | Von Sylvie Béguelin | Aus den Bibliotheken | Katalogverbund| Zusammenarbeit

Die Mediathek Wallis spielt als Kantonsbibliothek neben dem Verein BiblioValais eine zentrale Rolle bei der Förderung der öffentlichen Bibliotheken im Kanton.

Von Sylvie Béguelin
Sylvie Béguelin erlangte ein Lizenziat der Geisteswissenschaften an der Universität Neuenburg sowie ein Zertifikat in Archivwesen der Universität Lausanne. Von 1996 bis 2011 war sie für den Bereich Forschung und Information der Bibliothek La Chaux-de-Fonds verantwortlich. Anschliessend war sie als Konservatorin und Leiterin der Abteilung Ikonografie der Bibliothèque publique et universitaire de Neuchâtel tätig. 2016 wechselte sie zur Schweizerischen Nationalbibliothek und leitete den Bereich öffentliche Information. 2018 schliesslich übernahm sie die Direktion der Bibliotheken und des Stadtarchivs von La Chaux-de-Fonds. Seit dem 1. April 2022 ist Sylvie Béguelin Kantonsbibliothekarin und Direktorin der Mediathek Wallis. (Foto: Laurent Ferrari)
Als Sitz der kantonalen Dienststelle für Kultur beherbergt das Alte Zeughaus in Sitten die Mediathek Wallis - Sitten, das Staatsarchiv, die kantonale Kulturförderung, den Verein «Kultur Wallis», den Ausstellungsraum «Lemme» und das Restaurant «Le Trait d'Union». Die kühne Archtektur, die mit dem Bau der letzten unterirdischen Lagerräume 2019 abgeschlossen wurde, versteht sich als «kulturelles, wissenschaftliches und kulturhistorisches Zentrum im Herzen des Wallis, das den disziplinären Austausch begünstigt und Forschung, Ausbildung und Begegnungen fördert».[1]  In diesem dynamischen kulturellen Kontext spielt die Mediathek Wallis als Kantonsbibliothek neben dem Verein «BiblioValais Wallis» eine zentrale Rolle. Gemeinsam fördern sie die Bibliotheken und den Walliser Bibliotheksverbund.
 

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Das Alte Zeughaus in Sitten beherbergt die Mediathek Wallis - Sitten, das Staatsarchiv, die kantonale Kulturförderung, den Verein «Kultur Wallis», den Ausstellungsraum «Lemme» und das Restaurant «Le Trait d'Union». (Foto: Jean-Philippe Dubuis)
 
Das Gesetz über das öffentliche Unterrichtswesen (Art. 120) erlaubte dem Staat Wallis ab 1962, Gemeinden zu subventionieren, die Bibliotheken für Kinder und Jugendliche führen. Der Erwachsenenbereich erhielt zu dieser Zeit jedoch keinerlei finanzielle Unterstützung. In den 1970er Jahren wurde das Budget der Kantonsbibliothek erhöht und zwei weitere Standorte in Brig und in Saint-Maurice eröffnet. Der Kanton Wallis, der im Übrigen keine Universität hat, hinkte jedoch im Vergleich zu anderen Regionen der Schweiz bei der Nutzung von öffentlichen Bibliotheken hinterher.
 
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Hall des arsenaux in Sitten (Foto: Jean-Philippe Dubuis)
 
1979 verfasste Jacques Cordonier (1955)[2] im Rahmen seiner Diplomarbeit einen ausführlichen Bericht, den er dem damaligen «Verband der Bibliotheken und der Bibliothekarinnen/Bibliothekare der Schweiz (BBS)» präsentierte. Er nannte drei Gründe, für den schlechten Zustand der Gemeindebliotheken im Kanton Wallis: Zu kleine und schlecht ausgestattete Räumlichkeiten; unzureichende finanzielle Mittel, welche eine zu tiefe durchschnittliche Anzahl Bücher pro Kopf zur Folge haben und die Erneuerung der Bestände verhindern; und das Fehlen professioneller Bibliotheksfachleute. Er plädierte für eine Stärkung des politischen Willens und die Schaffung eines angemessenen gesetzlichen und strukturellen Rahmens im Kanton.

Parallel zu diesen politischen Aktionen wurde 1980 die Walliser Vereinigung öffentlicher Bibliotheken gegründet. Eines ihrer Hauptziele ist es, die Beziehungen zwischen den Mitgliedern zu festigen und die Bevölkerung zu informieren.
 
Um die gute heutige Zusammenarbeit der öffentlichen Bibliotheken zu erhalten, waren mehrere Schritte auf Gesetzes- und Reglementstufe notwendig.[3] Der innovativste Schritt war die Verabschiedung eines Kulturförderungsgesetzes im Jahr 1996, das die Kantonsbibliothek in ihrer Aufgabe bestärkte, die Entwicklung und Koordination der öffentlichen Bibliotheken im Kanton zu fördern. Das Reglement über die Kulturförderung vom 7. Juli 1999 präzisiert seine Anwendung.[4] Der Leitplan der Walliser Bibliotheken[5], der 2001 zum ersten Mal verfasst wurde, bildet die Grundlage für die Fünfjahresstrategie der Bibliotheken im Kanton. Jede neue Fassung wird vom Departement für Gesundheit, Sozialwesen und Kultur validiert. Unter anderem ermöglichte das Leitbild die technische Vernetzung der Bibliotheken untereinander durch den virtuellen Walliser Verbundkatalog, der die verschiedenen Bibliothekskataloge miteinander verknüpft, darunter RERO+ Wallis, dem heute 24 der 120 Bibliotheken des Kantons angehören.[6] Die Revision des vierten Leitplans (2019) ist in Vorbereitung.
 
BiblioValais Excellence: ein Plus
Die ISO-Zertifizierung «BiblioValais Excellence»[7] spielte bei der Kreierung des Walliser Bibliotheksverbunds eine wichtige Rolle. Der 2008 gegründete zweisprachige Verein «BiblioValais Wallis» (der Nachfolgerverein der Walliser Vereinigung öffentlicher Bibliotheken) ist verantwortlich für die Vergabe des anspruchsvollen Labels «BiblioValais Wallis» und sorgt zusammen mit der Mediathek Wallis für dessen Einhaltung. Nicht alle Bibliotheken im Kanton sind zertifiziert, aber der Kanton Wallis stützt sich bei der Vergabe von Subventionen auf diese Expertise.

(Übersetzung aus dem Französischen)

Walliser Gesamtkatalog >
Rahmenbedingungen Leitplan, Weisungen, Qualitätszertifizierung und Subventionen​ >
Mediathek Wallis (Kantonsbibliothek) >
 
[1] CANTON DU VALAIS (2023). Les Arsenaux, Sion [en ligne]. Consulté le 2 août 2023. Disponible à l’adresse : https://www.vs.ch/web/culture/les-arsenaux-sion
[2] Jacques Cordonier a dirigé la bibliothèque cantonale, future Médiathèque Valais, de 1988 à 2008. En 2005, il devient le premier chef du Service de la culture qu’il dirige jusqu’en août 2020.
[3] Loi sur l’instruction publique (1962), article 120 bis ; Règlement concernant l’octroi de subventions (1988) ;
Règlement fixant les normes et directives concernant les constructions scolaires (2005)
[4] Loi sur la promotion de la culture (1996) ; Règlement sur la promotion de la culture du 7 juillet 1999 du (version révisée du10 novembre 2010)
[5] BIBLIOVALAIS WALLIS (2023). Plan directeur 2019-2023. BIBLIOVALAIS [En ligne]. Consulté le 2 août 2023. Disponible à l’adresse : https://www.bibliovalais.ch/valais/plan-directeur-2019-2023-501.html
[6] Portail de recherche dans les catalogues des bibliothèques valaisannes (2023). Bibliovalais Wallis [en ligne]. Consulté le 2 août 2023. Disponible à l’adresse : https://www.bibliovalais-cbv.biz/NetBiblio/
[7] BIBLIOVALAIS WALLIS (2023). Bibliovalais excellence. BIBLIOVALAIS [en ligne]. Consulté le 2 août 2023. Disponible à l’adresse : https://www.bibliovalais.ch/valais/bibliovalais-excellence-38.html

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