Lobbyarbeit ist Überzeugungsarbeit

23.02.2015 | Von Andrea Cavaleri, Beatrice Keller, Sandra Fehlmann | Öffentlichkeitsarbeit | Aus der Praxis - für die Praxis| Lobbying

Wie vertreten wir unsere Interessen und machen unsere Arbeit gegenüber Leistungsträgern transparent? Drei Projektbeschriebe.

Von Andrea Cavaleri, Beatrice Keller, Sandra Fehlmann
Die drei Autorinnen haben zusammen den SAB-Grundkurs absolviert und sind in den Gemeindebibliotheken von Worb, Jegenstorf und Meiringen tätig.
Im Rahmen des SAB-Grundkurses haben wir uns zu dritt intensiv mit dem Thema Lobbying befasst und dazu eine Arbeit geschrieben. Während des Kurses waren wir nämlich zum Schluss gekommen, dass Lobbyarbeit für alle Bibliothekarinnen ein Thema sein muss, denn, wenn wir möchten, dass die Entscheidungsträger wissen, was sie an unserer Bibliothek haben, müssen wir uns bemerkbar machen und für unsere Institution und unsere Arbeit einstehen. Wollen wir „mitgedacht“ und bei Entscheidungen, die unsere Bibliothek betreffen, einbezogen und berücksichtigt werden, müssen wir mit den Behörden im Gespräch bleiben.
 
Mit Freude und Spannung haben wir uns an unser Projektthema gewagt, obwohl es  in einem Bereich angesiedelt ist, der uns nicht sehr vertraut war und den es zu „erforschen“ galt. Da die Rahmenbedingungen von Bibliothek zu Bibliothek variieren, haben wir uns entschlossen, für jede unserer 3 Bibliotheken ein eigenes, massgeschneidertes Projekt auszuarbeiten. Alle drei Projekte verfolgen jedoch dasselbe Grobziel: Die Bevölkerung und vor allem auch die zuständigen Behördenmitglieder sollen das Angebot und die Abläufe in der Bibliothek kennen, mit den Räumlichkeiten vertraut sein, und sich für die Bibliothek engagieren.

 
Projekt 1: Die Mitglieder des kleinen Gemeinderats stellen ihr Lieblingsbuch vor
 
Ausgangslage :
Die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte wollen gewählt werden. Die Bürgerinnen und Bürger sind interessiert daran, sie kennenzulernen.
 
Ablauf:
Die Gemeindebehörden präsentieren sich auf eine persönliche Art, ohne dass unmittelbare politische Themen im Vordergrund stehen.
 
Zielgruppe:
Neugierige und aktive Gemeindebürgerinnen und Bürger, Bekannte und Freunde
 
Ziele:
Aufmerksam machen auf die Bibliothek.
Offene Türen -> die Bibliothek als Treffpunkt darstellen.
 
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Gemeindebibliothek Worb
 
Durchführung:
Eine moderierte Veranstaltung mit anschliessendem Apéro und der Gelegenheit zu einem spontanen Gespräch.
 
Budget:
Die Veranstaltung ist gratis.
Der Gemeinderat kommt kostenlos.
Arbeitszeit der Bibliothekarinnen,
Honorar Moderation und Apéro.
 
Erfolgskontrolle:
Kommen die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte?
Kommt ein Publikum?
Mit einem Fragebogen möchte man eine Rückmeldung von den Teilnehmenden einholen
- Wie war die Veranstaltung?
- Hat es Ihnen gefallen?
- Sollen mehr solche Veranstaltungen in der Bibliothek durchgeführt werden?
- Haben Sie Verbesserungsvorschläge?
Kommen Rückmeldungen von Leuten die nicht an der Veranstaltung waren?
Steht etwas in der Gemeindezeitung?
 
 
Projekt 2: Die Mitglieder der Kommission für Erwachsenenbildung und Kultur werden zu einer Bibliotheksführung eingeladen
 
Ausgangslage:
Die Gemeindebibliothek ist der Kommission für Erwachsenenbildung und Kultur (EBK) unterstellt.  Das verantwortliche Kommissionsmitglied erstellt zusammen mit der Bibliotheksleitung das jährliche Budget. Dieses wird nach Absprache in der EBK dem Gemeinderat vorgelegt.  Ein eventueller Nachkredit, besondere Anliegen und Personalentscheide werden von der Kommission im Gemeinderat vertreten. Die Gemeindebibliothek ist festes Traktandum an den Sitzungen der EBK.
 
Ziel:
Die zuständigen Behördenvertreter sollen mit dem Angebot und den Räumlichkeiten unserer Gemeindebibliothek vertraut sein.  Nur wenn sie uns kennen und unsere Arbeit schätzen, sind sie bereit sich für die Bibliothek zu engagieren. Sie sind unsere Stimme im Gemeinderat!
 
Zielgruppe:
Mitglieder der „vorgesetzten“ und auch interessenvertretenden Kommission
 
Botschaften:
Wir sind ein Dienstleistungsbetrieb der Gemeinde und haben einen kultur-, bildungs- und sozialpolitischen Auftrag. Wir sind wichtig für die Bevölkerung und  tragen zur Attraktivität unserer Zentrumsgemeinde bei. 
 
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 Gemeindebibliothek Jegenstorf

Durchführung:
Vor einer Kommissionssitzung gibt es in der Bibliothek eine Führung und ein kleines Apéro. Das Bibliotheksteam stellt sich kurz vor, z.B. in Bezug auf die Aufgabe im Team (Einkauf Kindermedien etc.), vielleicht anhand eines Buches aus dem Bestand. Gleichzeitig machen wir Werbung für unser reichhaltiges Medienangebot > Flyer und Informationsmaterial verteilen.
 
Massnahmen:
Termin nachfragen und schriftliche Einladungen verschicken
Unterlagen (Flyer, Buchzeichen) zusammenstellen
Aufgaben verteilen: Wer macht die Begrüssung? Wer plant die Führung? Wer bereitet das Apéro vor?
 
Budget:
Einnahmen gibt es keine. Ausgaben für Apéro und Büromaterial (Einladungen).
 
Erfolgskontrolle:
Wichtige Informationen erreichen die Bibliothek frühzeitig.
Wir haben eine Stimme und werden bei Entscheiden einbezogen und angehört.
Unsere Anliegen haben Gewicht.
 
 
Projekt 3: Teilnahme am Anlass für Neuzuzüger
 
Ausgangslage:
Jedes Jahr findet in der Gemeinde eine Führung durch das  Dorf für alle Neuzuzüger statt. Die Bibliothek war noch nie Station auf dieser Tour. Das soll sich ändern.
 
Ziel:
Gemeindevertreter und Neuzuzüger für die Bibliothek interessieren, neue Kunden gewinnen. Wir zeigen auf, dass unsere Bibliothek ein sehr vielfältiges Angebot besitzt. Die Gemeindevertreter können sich somit davon überzeugen, dass wir wichtig sind für JEDE Altersgruppe, sprich jeden Neuzuzüger, ob jung oder alt.
 
Botschaft:
Aufzeigen, dass am neuen Wohnort auch eine Bibliothek vorhanden ist. Den Gemeindevertretern zeigen, dass die Bibliothek für die „Neuen“ von Wichtigkeit ist.
 
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Gemeindebibliothek Meiringen

Massnahmen:
Kontaktaufnahme mit der Gemeinde
Passende Bücher über das Haslital zusammenstellen
Gutscheine für drei Monate gratis Ausleihe vorbereiten
Flyer mit Öffnungszeiten, Gebühren usw. bereithalten
 
Durchführung:
Nach der Dorfführung findet ein grosser Apéro im Kirchgemeindehaus statt. Dort haben die verschiedenen Vereine der Region die Möglichkeit sich vorzustellen. Die Gemeindevertreter, die Neuzuzüger sowie die Bibliothekarinnen sind dazu eingeladen.
 
Häufigkeit:
1x pro Jahr
 
Erfolgskontrolle:
Haben wir neue Kunden gewonnen?
Konnten die anwesenden Gemeindevertreter von unserer Wichtigkeit überzeugt werden?
Haben sich unsere Ausleihzahlen erhöht?
 

Schlussbetrachtungen
Lehrreich war für uns das Kennenlernen der verschiedenen Bibliotheken. Dabei haben wir gemerkt, dass es kein Rezept gibt, welches für alle anwendbar ist. Speziell bei der Erarbeitung des Ideenkatalogs haben wir festgestellt, dass bei der Umsetzung konkreter Massnahmen jede Bibliothek für sich entscheiden muss, was funktionieren könnte.
 
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Die drei Autorinnen
 
Der Erfolg der Lobbyarbeit hängt zu einem grossen Teil ab von den Kommunikationsformen, den persönlichen Umgangsformen, den sozialen Kompetenzen der Lobbyisten sowie der Kooperationsbereitschaft der Institutionen.
 
Ein besonderes Augenmerk gilt dem Informationskreislauf. Es werden Informationen nach aussen getragen aber noch wichtiger ist es, dafür zu sorgen, dass die wichtigen Informationen frühzeitig die Bibliothek erreichen. So können wir immer handlungsfähig bleiben.
 
Damit Entscheidungsträger wissen, was sie an uns haben, muss Lobbyarbeit immer wieder Thema sein. 
 
Wir müssen uns auch immer wieder aktiv mit unserer Arbeit auseinandersetzen. Der Austausch im Team ist ebenfalls sehr wichtig. Durch interne Kommunikation stärken wir die Motivation und die Identifikation. Nur so können wir geeint gegenüber den Entscheidungsträgern auftreten und diese in unserem Sinn beeinflussen.
 
Für die Zukunft werden wir versuchen, möglichst viel von unserem gewonnenen Wissen umzusetzen und in unsere jeweiligen Bibliotheken zu tragen, denn: Lobbyarbeit ist Überzeugungsarbeit. 
 
Lobbying ist aufwändig, aber der Aufwand lohnt sich!

Andrea Cavaleri, Beatrice Keller, Sandra Fehlmann

 

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